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Swami Brahmanandji Maharaj - der Meister der Musik

Sri Jethamalji Rajpuruhit, Pandit von Hiyadesar im Bezirk Bikaner (Rajasthan) hatte einen sehr der spirituellen Welt zugeneigten Sohn mit Namen Ganeshmal. Von frühester Kindheit an fühlte dieser sich zu Gott hingezogen. Seine besondere Liebe galt den spirituellen Liedern, den Bhajans und Kirtans, und immer, wenn Swamis und Sadhus in den Ort kamen, suchte er diese auf und hörte ihren Satsangs zu. Zum besseren Verständnis des spirituellen Schrifttums beschloß Sri Ganeshmalji, Sanskrit zu lernen, und meisterte bald diese schöne und schwierige Sprache. Als er etwas älter geworden war, lernte er von umherwandernden Yogis die Hatha-Yoga-Kriyas[1] , die er gewissenhaft übte. Nun begann er, als Brahmacharya oder Asket zu leben. Er studierte die heiligen Schriften, die Gita, das Ramayana und die Upanishaden. Sein Satsang, bei dem er mit klangvoller Stimme Bhajans sang, zog eine große Zahl von Menschen an.

Eine Eigenheit von ihm war seine strikte Beachtung der vedischen Reinheitsvorschriften, die sich besonders in seinen Essensgewohnheiten ausdrückte. Niemals berührte er eine Speise, die er nicht selbst zubereitet hatte!

Dies bedarf einer Erklärung. Die Schriften sagen, daß ernsthafte spirituelle Aspiranten nur sattvische Nahrung[2] zu sich nehmen sollen, also Speisen, die in Körper, Geist und Seele keine unguten Reaktionen hervorrufen. Indem man bestimmte Speisen meidet, erfährt man an sich selbst wachsende Milde und Ruhe, körperliche und geistige Ausgeglichenheit und das Abnehmen von Begierden, Trägheit und Aggression. Ebenfalls nicht unbedeutend ist die innere Haltung desjenigen, der das Essen zubereitet. So soll mit liebevollen und auf das Gute gerichteten Gefühlen gekocht werden, mit Mantra, Gebet und in der Gesinnung, als seien die Speisen für Gott bestimmt.

Eine solche Nahrung wird zum heiligen Prasad[3] , die auf denjenigen, der sie verzehrt, Liebe und heilsame Schwingung überträgt. Bei gekauften und vorgekochten Gerichten kann man nicht wissen, wer an der Zubereitung mitgewirkt hat. In den meisten Gaststätten ist der Wunsch nach finanziellem Gewinn das einzige Motiv, dessentwegen das Essen serviert wird. Auch im privaten Haushalt wird nicht immer mit Liebe gekocht.

Doch, wie alles, so kann auch diese Empfindsamkeit übertrieben werden, und sicherlich war Ganeshmal in Bezug auf seine Nahrung überaus wählerisch. Er war intelligent und gebildet und erfreute sich oft des Gedankenaustauschs mit Gelehrten, die er durch seine geschliffene Ausdrucksweise und rasche Auffassungsgabe zu beeindrucken verstand. Und schließlich erlag er gerade aufgrund dieser Talente und Gaben seinem Ego.

Er begann, nur um des intellektuellen Vergnügens willen zu argumentieren, und forderte religiöse Gelehrte zu Diskussionen heraus mit dem einzigen Ziel, sie zu übertrumpfen. Darüberhinaus besaß er noch außergewöhnliche hypnotische Kraft - ähnlich wie Gumanaram oder der Meister der Schlangenbeschwörer - mit der er Menschen sogar in Bewußtlosigkeit versetzen konnte. Durch Mißbrauch dieser Fähigkeiten fügte er zahlreichen Menschen Unrecht und Kränkung zu.

Sri Ganeshmal beging den weithin üblichen Fehler, daß er für seine wachsende innere Leere die Zeit, in der er nun einmal lebte, verantwortlich machte. Er glaubte, im Kali Yuga lebten keine echten Gurus und Yogis mehr. Trotzdem bewahrte er sich eine große Hingabe zu Gott Krishna und weinte oft im Stillen über sein Getrenntsein von ihm, wie ein Bräutigam um seine verlorene Braut.

Eines Tages ruhte er unter einem Baum in einem der kleinen Haine, die zwischen den Dörfern Rajasthans einladende Inseln kühlen Schattens inmitten der heißen und trockenen Wüste bilden. Im Traum erschien ihm Gott Krishna, der, mit der Hand auf ein Buch weisend, zu ihm sprach:

"Der Verfasser dieses Buches ist eine Inkarnation von mir."

Ganeshmal konnte den Titel des Buches erkennen, der "Sri Deep Puri Anubhava Prakash" lautete, also "Licht der Erfahrung von Swami Deep Puri" - von Mahaprabhuji somit, was er freilich nicht wissen konnte.

Als er erwachte, versuchte er den seltsamen Traum zu deuten. Er wußte, daß Träume einerseits des öfteren nur Einbildungen sind, ihnen andererseits aber auch eine tiefe Bedeutung und Wahrheit innewohnen kann. Allmählich neigte er zur letzteren Ansicht und fragte sich, wer dieser Mahatma sei, der das Buch geschrieben hatte, und wo er es erhalten könnte. Er beschloß schließlich:

"Ich will meine Augen und Ohren offenhalten, und sollte ich diesem Mann begegnen, so werde ich ihn sorgfältig mit meinem Verstand und meinen Kräften prüfen, um einen Irrtum auszuschließen."

Mit der Zeit jedoch vergaß Sri Ganeshmalji den außerordentlichen Traum und lebte sein Leben weiter wie bisher.

Als er allerdings einmal Verwandte in Pilauni im Bezirk Pali besuchte, hielt sich gerade Mahaprabhuji im Shivbagh Ashram zu Bola Guda, keine zehn Kilometer von dort entfernt, auf. Zufällig geriet Ganeshmal in Pilauni an einen Schüler Mahaprabhujis. Er sah dessen Bücher und nahm irgendeines davon in die Hand. Da las er auf dem Umschlag den Titel "Sri Deep Puri Anubhava Prakash". Dieser schien ihm seltsam vertraut, und er erkundigte sich nach dem Verfasser des Buches.

"Dieser ist Mahaprabhuji, unser gesegneter Guru, ein vollendeter Meister, eine Inkarnation des Lichts. Du kannst ihn besuchen, wenn du möchtest, denn er hält sich gerade in einem Ashram unweit von hier auf."

Plötzlich erinnerte Sri Ganeshmalji sich wieder seines Traumes. Kaum konnte er es jetzt erwarten, Mahaprabhuji zu begegnen, und wie es seine Gewohnheit war, begann er, sich Fragen und Argumente zurechtzulegen, durch die er ihn zu prüfen beabsichtigte. Er bereitete sich auch darauf vor, seine hypnotischen Kräfte einzusetzen. Mit einigen anderen brach er schließlich zum Shivbagh Ashram auf.

Als sie ankamen, befand sich Mahaprabhuji inmitten seiner Schüler. Ganeshmal ließ alle Höflichkeitsformen außer Acht. Ohne Gruß trat er herausfordernd vor Mahaprabhuji hin und starrte ihn wortlos mit intensivem Blick an.

Mahaprabhujis freundliches Lächeln blieb unverändert und er sagte:

"Hinter der Finsternis deiner Unwissenheit verbergen sich ganz sonderbare Talente, mein Sohn."

Dann erwiderte er Ganeshmals Blick, worauf dieser bewußtlos zu Boden fiel. Die Anwesenden wichen überrascht zurück, im Glauben, Mahaprabhuji habe ebenfalls magische Kräfte eingesetzt. Doch war dies nicht der Fall. Der Blick Gurudevas hatte in Ganeshmal die Erinnerung an seine vergangenen Leben erweckt und ihn in einen Bewußtseinszustand versetzt, in dem er alle Zusammenhänge seines Daseins erkennen und verstehen konnte. Als er sich wieder erhob, verneigte er sich tief vor Mahaprabhuji und sagte ergriffen:

"Herr! In meinem früheren Leben bist Du mir in Gott Krishna begegnet. Ja wirklich, Du bist es! Heute haben sich all meine Träume erfüllt!"

Dann begann er zu singen:

HARI GURU MILIYA THA PURABA ME

Ich habe diesen göttlichen Meister schon in früheren Zeiten getroffen - doch erkannte ich ihn nicht,
da ich versunken war im Schlaf der Unwissenheit.
Ich wußte nicht, daß ich heute Gott begegnen würde.
Wie hätte ich Ihn erkennen können, wo mein Geist unrein war?
Voller Sünden war ich, irregeführt und voller Vorurteil.
Oh Herr, das Meer der Unwissenheit ist tief -
laß es mich überqueren!
Viele Leben durchwanderte ich blind,
doch nun rief mich Gott mit SO HAM an.
Der gnadenreiche Prabhu Deep hat mich in sein Königreich aufgenommen!
Durch die Liebe zu Ihm bin ich eins mit Ihm geworden.
Brahmananda sagt:
Nun habe ich Selbstverwirklichung erlangt
und werde nicht mehr geboren werden.

Mahaprabhuji berührte seinen Arm und sagte: "Mein Sohn, beklage nicht die Vergangenheit. Du bist Teil meines inneren Brahma und sollst von heute an Sri Swami Brahmananda heißen."

Da erhob sich der so geweihte Swami zu einem Gebet:

OM NAMO GURU DEEP AVINASI

Sei gegrüßt, OM, unsterblicher Guru Deep!
Du bist Brahma, Du bist Vishnu,
Du bist Shiva, Du bist Narada!
Du bist der Meditierende, der Weise, das Licht des Yoga.
Du bist der Glanz der Sonne, vollkommen und göttlich.
Du bist der Befreier, der Allgegenwärtige.
Du bist das Wissen der Veden, der Bewohner aller Herzen.
Du bringst die Wahrheit, Du kennst den göttlichen Namen.
Sei gegrüßt, göttlicher Meister, Guru Deep!
Für immer sei Dein Platz in meinem Herzen
und in meinem Bewußtsein. 

Mahaprabhuji prophezeite ihm:

"Mein Sohn Brahmananda, du wirst als Sangitacharya, als Meister der Musik, Berühmtheit erlangen. Unter Tausenden von Sängern wirst du der herrlichste sein. Niemand wird deinem Gesang widerstehen können und selbst die verhärtetsten Herzen werden in unendlicher Wonne dahinschmelzen."

Wie erstaunt waren diejenigen, die Ganeshmal zum Ashram begleitet hatten! Sie freuten sich, daß seine spirituelle Erweckung durch Gurudeva so plötzlich geschehen war und wünschten ihm Glück.

Ganeshmal sang:

ME SARANAGATA HUN GURUDEVA

Gurudeva, vor Dir verbeuge ich mich.
Du zeigtest mir Deine wahre Form, Dein vollkommenes Licht.
Du bist das reine Bewußtsein, vor dem die Dunkelheit weicht.
Wer Deinen Namen nennt, vertreibt alle Schwierigkeiten und Hindernisse.
In Deiner Gegenwart geht die Sonne des ewigen Wissens auf.
Wer über Dich meditiert, wird von Unwissenheit befreit und erlangt Glückseligkeit.
 

Ganeshmal, nunmehr Sri Swami Brahmanandaji, blieb bei Mahaprabhuji. Sein intellektueller Drang zu destruktiver Kritik und Argumentation, ebenso seine Geltungssucht und Unsicherheit, fielen von ihm ab. Er verzichtete auf seine seltsamen Angewohnheiten; so bestand er nicht mehr auf seinem selbstzubereiteten Essen, und fortan lebte er einfach, demütig und in immerwährender Seligkeit.

Seinen Verwandten, die über die plötzliche Verwandlung sehr verwundert waren, erklärte er dies mit folgendem Bhajan:

PREM KA BAN MERE SATAGURU DINA HE

Den Pfeil der Liebe hat mein Guru abgeschossen.
Durch seine Worte öffnete sich die Goldgrube des Wissens und ich erkannte den Schatz des wahren Selbst.
Nun erfüllt mich unerschütterliche Glückseligkeit und Harmonie.
Ich verwirklichte die Ebene der Furchtlosigkeit.
Der Gedanke des Brahman wurde in mein Herz gesenkt;
so habe ich Selbstverwirklichung erlangt -
erfüllt mit Licht, befreit vom Dualismus.
Nun ist mein Inneres mit der Farbe von Satguru Sri Devpuriji und Prabhu Deep Dayal gefärbt.
Brahmananda ist unsagbar glücklich,
daß er die Furchtlosigkeit verwirklicht hat.

Die Frage, wie er seine Lieder gleichzeitig dichten und singen könne, beantwortete er mit einem Lied:

ESA MERA SATGURU ANDARA BOLE

Mein Satguru ist es, der durch mich spricht -
Er, der formlos, unsterblich und reines Bewußtsein ist.
Er verbannt alle Zweifel und Irrtümer.
Er ist ewig und unvergänglich; seine Gnade ist grenzenlos.
Derjenige, der unablässig auf Ihn meditiert, wird von Ihm befreit.
Er ist allgegenwärtiges, vollkommenes, göttliches Licht
- unendlich wie der Ozean.
Sein Tempel ist in deinem Herzen;
dort vernimmst du Seine Stimme.
Durch die Vereinigung von Prana und Apana
erlangst du den immerwährenden Frieden der Vollendung.
Vom Nabelzentrum steigt der OM-Klang auf und vereinigt
sich mit SO HAM.
Im Shunyakash erblickst du den Höchsten
- dort, wo die drei Flüsse zu einem werden.
Das Unerreichbare erreichst du und wirst
zum Meister deiner selbst.
Swami Brahmananda sagt:
Ich begegnete dem vollkommenen Satguru, Mahaprabhu Deep -
durch seine Gnade erfuhr ich höchste Glückseligkeit.


In dieser Weise verkündete Swami Brahmananda stets, daß all seine Gaben und Talente Gurudevas Segen entstammten - wie auch gesagt wird: "Durch Seine Gnade kann der Lahme gehen, der Blinde sehen, der Taube hören und der Stumme sprechen."

Gurudevas Tempel ist im Chakra des Herzens; dies eröffnet sich euch in der Gnade des Guru. Wer in der Meditation zur Erkenntnis der Wahrheit gelangt, daß Gurudeva in seinem Herzen wohnt, hat den Pfad der Vervollkommnung betreten. Durch die Erweckung der weiteren Chakras werden ihm die höchsten Bewußtseinsebenen zugänglich. Doch unter Tausenden, die den Satguru sehen, erkennen ihn nur einige wenige als den, der er ist.

"Wo ist der wahre Guru, wo kann ich ihn finden?" hört man viele fragen. Swami Brahmanandjis Antwort lautet:
 

SADHO BHAI MERA SATAGURU MUJ MAHI

Brüder! Mein Guru ist in mir.
Er ist alldurchdringend - was wollt ihr noch wissen?
Er ist allgegenwärtig wie der Himmel.
Er ist vollkommene Reinheit.
Doch ohne Hingabe wirst du ihn nicht finden.
Was kann ich dir noch mehr sagen?
Wissen aus Büchern bringt keine Gewißheit.
Der Satguru ist unbeschreiblich, er ist ewig -
so lehrt es auch die Gita.
Brahmananda sagt:
Verehrung meinem göttlichen Meister Sri Deep Dayal!

Swami Sri Brahmanandjis Bhajans sind in dem Buch "Brahmananda Vani Prakash" ("Das Licht der Worte Brahmanandas") gesammelt. 

Auch er kannte den Zeitpunkt seines Abschieds von der Welt im voraus und trat am Ende seines Lebens in das Mahasamadhi der Unsterblichkeit ein. Sein Name ist ein unauslöschliches Licht auf Erden und wird bestehen bleiben wie Sonne und Mond.

 


[1]Hatha Yoga Kriyas = Yoga-Körperreinigungstechniken

[2]Sattvische, d.h. reine, harmonisierende Nahrungsmittel sind: Getreide, Blatt- und Wurzelgemüse, Obst, Rohkost, Nüsse, Milch sowie frische Milchprodukte, Honig, Kräuter und milde Gewürze. Zu meiden sind: Fleisch, Eier, Alkohol, starker Kaffee oder Schwarztee, chemisch konservierte und denaturierte Lebensmittel (z.B. Auszugsmehl, weißer Zucker) sowie alte, aufgewärmte Speisen.

[3]Prasad = gottgeweihte Speise

 

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